Rede zur Vernissage ‚ABSTRAKT GEGOSSEN‘- Christoph D. Mosenthin

Sehr verehrte Gäste, liebe Kunstfreundinnen und Kunstfreunde, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens Pinter Guss, liebe Familie, lieber Johannes Pasquay, Deggendorfs bekanntester und bester Galerist und darüber hinaus 2. Vorsitzender des Deggendorfer Kunstvereins, sehr geehrte Frau Eichwald von der Passauer Neuen Presse und natürlich das Beste und Wertvollste des heutigen Abends zum Schluss: lieber Künstler Christoph Dietrich Mosenthin, seid alle herzlich willkommen! Der dritte Bürgermeister der Stadt Deggendorf, Hermann Wellner, wird etwas später zu uns kommen, ich möchte ihn aber schon jetzt herzlich begrüßen.
Wir freuen uns sehr, dass Sie alle wieder so zahlreich unserem Ruf in unsere Firma, hier in den Brunnwiesen, gefolgt sind und wir hoffen, dass Sie heute Abend Freude an der Kunst und an den ganz besonderen Darbietungen haben werden. Wir haben uns nämlich etwas ausgedacht oder besser wir haben Jemanden gefunden, der die Welt unserer Gießerei, hier bei uns im Bereich des Handformgusses, wo große Gussteile geformt und gegossen werden, mit der Welt der Kunst in Einklang bringen wird. Mein heimlicher Wunsch war dies schon immer gewesen. Dieser Jemand ist der Künstler Christoph Dietrich Mosenthin, der die Malerei und die Verbindung zur Kunst mit in die Wiege gelegt bekommen hat.
So stammt er in der dritten Generation aus einer Künstlerfamilie. Sein Großonkel Florenz Robert Schabbon ist ein führender Maler der Sammlung für „Verfolgte Künste“ in Solingen, einer Fördergesellschaft für verfemte Kunst des dritten Reiches der Hitlerdiktatur gewesen. Diese unglaublich schöne und gute Sammlung gilt mittlerweile als Meilenstein in der Aufarbeitung der Wirkungsgeschichte des Expressionismus und weiterer Phänomene vergessener Kunst und Künstler, die durch die wirren Zeitläufe des 20. Jahrhunderts und durch die Ächtung durch den Nationalsozialismus beinahe in Vergessenheit geraten wären.
Christoph Mosenthin wurde 1966 in Hamburg geboren und studierte Industrial Design an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig mit einem Studienabschluss in Maschinenbau und Industrial Design. Seit 1993 arbeitet er in der Automobilindustrie oder genauer bei BMW, wo er seit 26 Jahren dort im Interieur Design Bereich tätig ist. Heute ist er verantwortlich für mehr Präzision im Interieur, für Design-Standards bei Bauteilübergängen und für Prozessstandardisierungen im Bereich Design-Technik. Auch hier finden wir wieder eine sehr enge Verbindung von Technik, Ingenieurwesen, Industrie und Kunst.
Im Zeitraum von 1996 bis 2003 machte Christoph Mosenthin neben seinem Beruf eine intensive Malerei-Ausbildung in den Münchener Ateliers Frohschamerstrasse. 2004 bis 2009 folgte eine weitere Malereiausbildung in München im Atelierprojekt „Künstler unterrichten“. Seit 2017 stellt der Künstler auch International aus, so z.B. auf der ART Innsbruck, ART Muc in München, in Verona oder im Bayerischen Wirtschaftsministerium und last but not least heute bei Pinter Guss in Deggendorf.
Im Künstler Spektrum Pasing nahm Christoph Mosenthin im September dieses Jahres – das finde ich sehr interessant und möchte es deshalb hier anführen an einer Ausstellung teil, die „Hommage an…“ hieß. Von seinen drei Bildern, die er dort ablieferte, ist ein Bild eine Hommage an „Komposition V“ von Wassily Kandinsky, das zweite Bild eine Hommage an Emil Schumacher und das dritte Bild eine Hommage an seinen Großonkel, der ja auch Kunstmaler war, was ich bereits eingangs erwähnte. Ein wunderbares Thema übrigens für eine Ausstellung. Nicht einfach, denke ich. Alle drei Bilder werden Sie auch in unserer Ausstellung wiederfinden.
Das Malen war also ein ständiger Begleiter Christoph Mosenthins, abstrakte Malversuche unternahm er bereits in seiner Jugend.

Aufgewachsen ist er mit Picasso, Miró, Kandinsky, Paul Klee und vielen anderen Malern. Bis 1996 hat er darüber hinaus viel künstlerisch fotografiert, im Fotolabor auch viel verfremdet, ebenfalls hat er fotorealistisch gemalt und gezeichnet. Seit er dann aber 1996 den Malkurs Actionpainting besucht hatte, wusste er sofort, dass ist es, was er immer gesucht hatte. Seitdem ist kein einziges gegenständliches Bild mehr von ihm gemalt worden. Vom Actionpainting und Ausflügen ins Messpainting, wo man ungeordnet Schritt für Schritt seiner Intuition freien Lauf lassen kann und lernt, was es bedeuten kann absichtslos absichtsvoll zu sein … ist er schließlich zu dem heutigen Malstil gekommen, der mehr der Meditation als der traditionellen Malerei ähnelt. Die Bilder werden nicht konstruiert, sondern sie entstehen. Ein Plan oder Entwurf besteht beim Malen seiner Bilder nicht mehr.
Vielmehr ist es so, als erzählten seine Hände ihm während des Malens eine Geschichte, dessen Ausgang er nicht kennt. Christoph Mosenthin malt Gefühle. Sein Farbspektrum reicht daher von rosarot bis schwarzbraun. Diese Bilder sind autobiografisch und kommen, da sie kein Abbild der Umwelt sind, aus dem Innersten des Malers.
Alle Materialien und Farben dienen dem gleichen Ziel – Gefühle zu malen. Dabei öffnet sich die Seele und taucht ein in ein Meer von Farbe und Kreativität, von Bewegungen und Stimmungen. Die Farbe wird gespritzt, geschüttet, geworfen oder aufgetragen mit Pinsel, Schwamm, Spachtel, Hand oder anderen Gegenständen. Neben Leinwand und Acryl kommen verschiedenste Werkstoffe zum Einsatz wie Zeitungen, Tapeten, Stoffe, Sand, Mutterboden, Pigmente, Asche, Kohle, Graphit, Öl, Tusche oder Kreide.
Bei der Entstehung der Bilder steht der Prozess des Malens im Mittelpunkt, nicht das explizite Endergebnis. Wie beim Meditieren verliert Mosenthin sich in der Konzentration auf den Malvorgang.
Problematisch ist es oft, zu erkennen, wann das Bild fertig ist. Die Bilder verlieren wieder an Kraft, wenn sie „zermalt“ werden, oder „konstruiert“ sind. Viele Bilder dagegen werden über mehrere Jahre immer weiter gemalt, solange das Werk nicht in sich stimmig ist.
Unsere heutige Vernissage soll einen Event Charakter haben! Soll etwas ganz Besonderes sein, soll ANDERS sein als die bisher bei Pinter Guss gezeigten Vernissagen und Ausstellungen. Christoph wird drei Bilder parallel malen, die er zum Teil schon vorbereitet hat. Im Speziellen wird im Malprozess gebrauchter und frischer, neuer Formsand verwendet werden, um die Beziehung Kunst oder hier abstrakte Malerei zur Technik kreativ umzusetzen. Zum besseren Verständnis: Formsand ist in der Gießerei ein Gemisch aus Quarzsand Ton und Wasser, hier bei uns, ist der Bindeton, der sogenannte Bentonit. Um einen Gegenstand aus Metall zu gießen, wird zunächst zum Beispiel aus Holz oder aus einem Kunststoff ein genaues Modell des Gegenstandes angefertigt. Dieses Modell wird dann in einen sogenannten Formkasten hineingelegt, der mit Formsand gefüllt wird. Dabei bildet das Formmaterial die Gestalt des Modells nach und stark vereinfacht, ist die Gießform dann fertig, wenn man das Modell wieder herausgenommen hat. Nun kann das heiße, flüssige Aluminium in die Form über ein sogenanntes Anschnittsystem eingefüllt werden. Der gebrauchte Formsand ist, weil er hohen Temperaturen ausgesetzt war, verbrannt, dadurch ist er schwarz geworden. Allerdings wird bei Pinter Guss der Sand immer wieder recycelt und neu aufbereitet. Dies geschieht in dem hohen Turm, den sie schon von weitem sehen können, in dem sich eine Sandaufbereitungsanlage befindet.
Der frische, neue Formsand ist wie Quarzsand am Strand hell, allerdings stammt er nicht von einem Sandstrand, sondern ist er ein synthetischer Sand, der aus einer Grube kommt und aufwändig dort aufgeschlossen wird. Dieser Sand hat noch keinen Anteil an Ton oder Bentonit. Dieser wird erst in der Sandaufbereitung, die ich erwähnte, prozentual zugesetzt und vermischt.
Wenn Sie Fragen bezüglich der Nachhaltigkeit einer Wieder-verwendung des Sandes oder des Aluminiums im Hause Pinter Guss haben, wenden Sie sich bitte an unseren Betriebsleiter Christoph Birnbaum oder an unseren Beauftragten für Managementsysteme und Arbeitssicherheit, Jürgen Wunderle. Beide sind heute anwesend und werden gerne ihre Fragen beantworten.
Da Christoph Mosenthin sehr oft mit Materialien, die uns die Erde bereitstellt, vor allem Sand, Asche, Kohle, Erde, arbeitet, ist mit Gießereiformsand zu malen für ihn eigentlich nur ein weiterer Schritt seiner enormen Kreativität. Außerdem hat Sand eine natürliche dreidimensionale Struktur, die dem Bild mehr Tiefe verleiht.
Möglich, dass auch Aluminiumausläufer oder Aluminiumflitter, die als Abfallprodukt beim Gießen entstehen beim Malen eingesetzt werden. Wir haben vier Behältnisse vorbereitet, in denen sich gebrauchter Formsand, frischer Formsand, ein sehr feinpulveriger Bentonit sowie Aluminiumausläufer befinden und sie dem Künstler zur Verfügung gestellt. Er wird intuitiv entscheiden, was er beim Malen verwenden wird. Lassen wir uns überraschen.
Dann möchten wir Sie – das geneigte Publikum – mit in unseren Malprozess einbeziehen. Der Künstler wird während des Malens immer wieder Kommentare abgeben und das Publikum einbinden. Bitte scheuen Sie nicht davor zurück, ihm Fragen zu stellen: Warum – zum Beispiel – hast du dieses zarte Rosa jetzt dorthin gesetzt, was hat dich dazu geführt, welche Gefühle verbindest du damit. Oder vielleicht ein wenig aggressiver, warum dieses hässliche Braun gerade? Das hätte es jetzt nicht gebraucht. Ich denke, der Künstler wird Rede und Antwort stehen und erklären, was dieses vermeintliche hässliche Braun letztendlich bewirken sollte.
Christoph erzählte mir einmal, dass er beim Malen wirklich mit leerem Kopf anfange, ganz ohne Konzept und ganz ohne Bild vor Augen. Nur der Malprozess stehe im Vordergrund. Das wird er auch ausführlich erklären.
Da dieser Malprozess hier und heute in unserer Gießerei stattfindet, liegt es sehr nahe, dass wir der Ausstellung und dieser Vernissage den Titel “Abstrakt gegossen“ gegeben haben.
Recht interessant ist auch folgende Parallele: Wie in unserer Gießerei sehr häufig etwas ganz Neues geschaffen wird, so erschafft Mosenthin mit seinen Bildern immer etwas ganz Neues, weil es kein Abbild von etwas darstellt.
Seine Hände erzählten dem Künstler beim Malen eine Geschichte, die er selbst noch nicht kenne, berichtete ich vorhin. Vor allem der Ausgang der Geschichte sei ihm unbekannt, daher sei das Malen in allen Phasen für ihn aufregend. Er befindet sich in einem als beglückend erlebten Gefühl eines mentalen Zustandes völliger Vertiefung, einem restlosen Aufgehen in seiner Tätigkeit.
Ich bin mir sicher, dass die Erschaffung von diesen drei Bildern heute auch für uns alle ein aufregender und spannender Abend sein wird, zu dem Dr. Martin Krivacek mit seinen jazzigen Saxophonklängen ganz bestimmt schöpferisch betragen wird. Wir freuen uns, lieber Martin, dich mit deiner fantastischen Musik hier begrüßen zu dürfen. Ich finde, deine Musik, die du uns heute darbringen wirst, passt hervorragend zur Malweise von Christoph Mosenthin. Lasse deinen Gefühlen – so wie er – freien Lauf!
Dann zum Schluss noch ein paar Worte zum Ablauf des Rahmenprogramms. Es gibt wieder von Pias Partyservice ein paar leckere Schmankerln, die sie sich munden lassen sollten, weiterhin besteht die Möglichkeit, hier in der Verwaltung wieder in allen Räumen im Erdgeschoss viele Werke von Christoph Mosenthin zu bewundern.
Die Bilder bleiben bis Ende Februar hier bei uns und können später nach Rücksprache und Anmeldung bei Sabine Stoiber während der Bürozeiten betrachtet werden. An dieser Stelle möchte ich mich bei Sabine für die hervorragende und umsichtige Organisation der heutigen Veranstaltung herzlich danken.
Ebenso gilt mein Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Firma, die beim Umbau- und Aufbau fleißig mitgeholfen haben. Wie immer ist aber Sabine der Dreh- und Angelpunkt des Projektes „Abstrakt gegossen“ und organisatorisch stets äußerst kreativ. Der Künstler, Christoph Mosenthin, wird nach der Event-Vernissage gerne selbst erläuternde Worte zu seinen Werken geben, sprechen Sie ihn bitte an. Er wird sich freuen.
Nach meiner Rede haben Sie Zeit, den einen oder anderen kleinen Schluck Wein, Bier, Wasser oder einen Happen von Pias Partyservice sich in Ruhe zu genehmigen, bevor dann nach etwa 20 bis 30 Minuten Martin Krivacek mit Saxophonklängen in die Gießerei aufbrechen wird und wir alle ihm an den Ort des Geschehens folgen werden.
Schließlich noch eine Bitte an Sie, die sich auf den Unfallschutz bezieht. Verlassen Sie bitte nicht den abgesperrten Bereich der Gießerei. Wenn Sie etwas ganz Bestimmtes sehen oder wissen möchten, sprechen Sie meinen Sohn, Felix Jaruszewski oder Jürgen Wunderle an, bitte gehen Sie nicht auf eigene Verantwortung durch die Gießerei. Das ist heute tatsächlich zu ihrem Wohle nicht gestattet.
Tja, nun bleibt mir noch zu sagen: Lassen Sie sich verführen, in eine neue, andere Welt der kreativen Kunst einzutauchen. Genießen sie diese Stunden, nehmen Sie Ideen für eigene Kunstwerke mit nach Hause. Wenn Sie selbst malen, lassen Sie sich inspirieren, mutig frei zu denken, mutig frei zu malen. Wagen Sie es, neue Wege zu betreten, verlassen Sie die eingefahrenen Wege, egal, was andere darüber denken. Werfen Sie alle Regeln über Bord und genießen Sie beim Malen die wunderbaren Momente, uneingeschränkt in der Gegenwart zu leben.
Ich wünsche Ihnen allen viel Freude an der heutigen Veranstaltung im Hause Pinter Guss. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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