The last day in paradise – Naxos-Hafen

Öl auf Ulmer-Holzmalgrund, 60 x 60 cm

2015

Die beiden Naxos-Bilder habe ich kurz nach einem Reha-Aufenthalt einer Knieoperation gemalt, weil ich sie jemandem versprochen hatte, der mich gut gepflegt und versorgt hatte. Die Geschichte zu den Bildern geht ungefähr so und ist eigentlich ein Märchen: Dieses erste Bild ist eine Art Momentaufnahme eines Abschieds. Ein junger Mann war mit seinem Freund zu einer Griechenlandreise aufgebrochen und war mit ihm auf Naxos, der grünen Kykladeninsel in der Ägäis, gelandet. Die beiden waren „unterwegs“, es war Juni, es war sehr heiß. Da sie mehr oder weniger in den Tag hinein gelebt und gereist waren, hatten sie weder eine Landkarte geschweige ein Navigationssystem, denn die Geschichte spielt weit in der Vergangenheit. Nach einigen Umwegen landeten sie schließlich in der kleinen Feriensiedlung Pyrgaki an der südlichen Westküste der Insel, ungefähr 25 km entfernt vom Hafen Naxos, wo sie mit einer rostigen, griechischen Fähre angekommen waren. Pyrgaki war auf den ersten Blick ein Traum und ein Alptraum auf den zweiten Blick, weil sie außer einem belgischen Aussteiger, der die Bar verwaltete und als Diskjockei engagiert war, die einzigen Bewohner waren. Pyrgaki war ruhig, Pyrgaki, war nur sehr mühselig über eine Schotterpiste zu erreichen, Pyrgaki war einsam, über Pyrgaki lag aber ein Zauber. Wie der Zufall im Leben manchmal aufspielt, tauchte am zweiten Tag ihres Aufenthaltes – man hatte geplant, möglichst schnell wieder das Weite zu suchen – eine junge, schöne Frau mit ihrer kleinen Tochter auf. Und wie der Zufall oder gar der griechische Gott der Liebe es wollte, verliebten sich der junge Mann und die schöne Frau schon beim ersten Blick in die Augen. Man blieb zwei Tage zusammen, reiste über die Insel, speiste und unterhielt sich in kleinen Kafenions, schaute sich immer tiefer in die Augen, lachte, feierte, trank griechischen Wein und tanzte in der menschenleeren Bar beim belgischen Aussteiger in Pyrgaki … und dann kam der Abschied, den das Bild, das ich gemalt habe, wiedergeben soll. Ein Abschied für immer, wahrscheinlich wird es so sein, dachten der junge Mann und die schöne Frau. Die beiden sitzen gerade in einem kleinen Café am Hafen von Naxos auf den typisch griechischen, bastbezogenen Holzstühlen. Auf dem runden Blechtisch stehen eine Flasche Bier, ein Glas und eine Tasse Kaffee. Die Fähre, die die Frau und die kleine Tochter (man sieht sie rechts am Bildrand) zunächst nach Italien bringen soll, ist bereits eingelaufen und stößt rauchigen Begrüßungsqualm in die schöne, klare Ägäisluft. Der letzte Tag im Paradies ist abgelaufen, denkt der junge Mann sehr traurig, die Frau scheint etwas sehr Ähnliches zu empfinden und erhebt sich gerade von ihrem Stuhl, der junge Mann ebenfalls, er wird allerdings kurz darauf mit seinem Stuhl umkippen, denn bekanntlich sind griechischen Stühle oft schon recht alt und wackelig. Man umarmt und küßt sich ein letztes Mal, dann ist der Zauber verflogen, die Fähre läuft sehr bald aus und der junge Mann beobachtet mit erstarrter Miene das große, rote Schiff wie es langsam am Horizont verschwindet.

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