Rede von Wolf-Dietmar Stock

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kunstfreunde!

Die Ausstellung unserer Mitglieder ist wieder ein sehenswertes Kunstlabyrinth mit verschiedenen Kunstauffassungen geworden.
„Was für ein schöner Tag! Wir waren auf dem Weg zu dem kleinen Restaurant Pátio 13 in der Alfama, wo wir gegrillte Sardinen essen und einen schmackhaften Hauswein dazu trinken wollten. Am Miradouro Santa Lucia waren wir ins Gebiet der Alfama eingestiegen, die Abendsonne lachte vom Himmel, ich freute mich auf das kleine Lokal, das ich noch nicht kannte, aber im Vorhinein schon als absolut romantisch eingestuft hatte. Es ging abwärts Richtung Tejo. Schon bald hatte ich meine Freunde Irmgard und Harald und meine Frau aus den Augen verloren, weil ich an jeder Ecke des Gassengewirrs, an jeder Biegung stehen blieb und nach einem Motiv suchte. Und dann kam es: Einer der Kirchtürme der Kirche São Miguel mit einer Laterne im Vorder- und dem Tejo im Hintergrund. Ach ja, Frau und Freunde hatte ich bald wiedergetroffen und die Sardinen und der Wein waren köstlich.“
Das hat Peter Jaruszewski, unser Kassenprüfer, zu einem seiner eingereichten Bilder geschrieben. Kommentare in dieser Art können dazu dienen, sich noch besser in ein Bild hineinzuversetzen.
Doch es gibt auch eine ganz andere Auffassung dazu. Wenn Werner Rohde seine beiden Fotos „Ohne Titel“ bezeichnet, so dient dies dem Betrachter, selber hinzuschauen, um den Inhalt zu deuten. Wenn das erste Foto einen Männerkopf mit schlohweißen Haaren zeigt, ist auf dem zweiten eine sich zerstäubende Pusteblume zu sehen. So stellt das Bilderpaar eine Auseinandersetzung mit der Hinfälligkeit des Daseins dar. Ein uraltes Thema der Kunst, das auf den mittelalterlichen Altären und in der Kunst des Stilllebens seit den Alten Holländern eine Rolle spielte.
Auch Susanne Wischnowski greift dieses Thema in Ihrem Bild „Der Tanz wird inniger auf“. Im Untertitel nennt sie es „ein Bild zum Thema Älterwerden.“ Älterwerden als Chance zur Innigkeit. Eine schöne Aussage.
Auch Irmgard Winzenborgs Stranddisteln stellen ein solches Vanitas-Symbol dar, während das Foto vom „Rasenden Roland“ daneben voller Dynamik ist.
Elvira Vogeler widmet in zwei Bildern wieder dem Thema „Frauen bei der Arbeit“. Sie hat eine Restauratorin der Bremer Kunsthalle aufgesucht und einen Bootsbauer in Freest am Greifwalder Bodden. Die Fotos sind keine Momentaufnahme, sondern Porträts, die in längeren Gesprächen entstanden.
Bodo Steinkes Foto mit dem Titel „Pause“ ist eine Aufforderung zur Reflektion. Halten sie mal inne, machen Sie mal eine Pause nach dem „Spaziergang“, der gleich daneben hängt.
Nachdenklich macht auch Silvia Ulster mit ihrem Text zu ihren Bildern „Der aktive Zwischenraum, Kannen I und II.
Sie schreibt: „Form und Umraum, Objekt und Zwischenraum. Die Trennung vom Objekten -Hintergrund im Sinne von wichtig und unwichtig ist nicht gewünscht!!!
Alles im Bild ist wichtig.“ Hier wird auch die Bildunterschrift zum Kunstwerk.
Sigrid Bischofs Mädchenporträt ist von Leichtigkeit und Innigkeit gekennzeichnet. Ihre Collage – Jonglage ist ein Kunstwerk und Wortspiel zugleich.
Das Spiel mit den Farbflächen beherrscht Marianne Cordes in ihren beiden Bildern „Brücke am Hafen“ und „ Im Hafen“ meisterhaft. Die Flächen schillern in allen Farben des Regenbogens, wachsen zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen. Bilder, die man lange betrachten kann.
Sigrid Blohm-Lahme aus Osnabrück erforscht eine alte Mauer malerisch. Die will wissen, was davor und dahinter ist und stillt ihre Neugierde mit zwei gelungenen Acrylbildern.
Karin Weinrich malt ihre Träume in Form einer Bank, auf der eine Frau sitzt und in die Natur schaut, in hellen, differenziert gemalten Farben. Das Bild hat eine Sogwirkung.
Helga Lüth spielt in ihrem Bild „Schattenspiele“ mit Licht und Schatten. Es sind dabei eher Lichtspiele entstanden. Das trifft auch auf ihre „Pfahlbauten“ zu.
Katja Krögers Bilder leben von farbigen Flächen, die sanft ineinander übergehen. Die Buddha-Schale lädt zum Meditieren ein. „Ohne Titel“ gestaltet ein Herz mit grünem Untergrund. Das Bild schafft Wärme und Geborgenheit.
Helga Groll aus Rotenburg zeigt mit „Altes Eisen“ und „Schichtwechsel“ zwei Werke aus ihrem großen Repertoire, mit denen Sie ihre Begabung zeigt, sich bewegende Themen zeichnerisch umzusetzen.
Ingrid Brandt ist mit den Radierungen „Aufrechter Gang“ und „Wasserfall“ vertreten. Die Arbeiten bilden ein Geschwisterpaar. Ich habe mir vorgestellt, unter einem Wasserfall zu stehen und dabei aufrecht stehen zu bleiben.
Katharina Bertzbach formt mit ihren feinen Fingern Wandweiber und Dosenwächterinnen mit großer Geschicklichkeit, die zum Berühren auffordern.
Zu den naturalistisch arbeitenden Künstlern in dieser Ausstellung gehört Helga Hadler aus Bremen. „Rhododendronpark“ und „Wümmeniederung“ sind leuchtende Beispiele einer Naturliebe, schwungvoll und pastös auf die Leinwand gestrichen.
Horst Vogelers „Baumgruppen in den Wümmewiesen“ sind Bleistiftstudien vom Feinsten, ebenso wie sein bizarres „Wacholdergestrüpp“ mit dem Feinliner gezeichnet.
Jochen Richters „Bär“ sieht den Betrachter mahnend an. Ich repräsentiere eine aussterbende Gattung.
Uschi Rosenow ist mit einem flüssig gemalten Sonnenblumenbild im Freien vertreten. Die Blütenköpfe ragen in die Sonne. Ein Stillleben „Hommage an Paula-Modersohn-Becker“ ist einem Stillleben von Paula nachempfunden, wird aber durch eine Weintraube ergänzt.
Elke Rehfinger zeigt eine winterliche Szene in Fischerhude, im Winter 1979 vor der Natur gemalt.
Malen Sie eigentlich noch? Auf diese Frage, die mir oft gestellt wird, geben Ihnen zwei meiner auf der Ausstellung vertretene Bilder eine Antwort: Eine Wolkenlandschaft und eine Birkenallee aus Rautendorf vertreten, beide 2019 entstanden. Kein Kommentar.
Das Eingangsbild zur Ausstellung ist wieder ein Bild „Ohne Titel“. Es stammt von Daniel Nagel, Collage und Malerei, 2018. Es drückt der Ausstellung den professionellen Stempel auf. Ich danke allen beteiligten K.u.K., dass Sie sich beteiligt haben!

Verlag Atelier im Bauernhaus – Wolf-Dietmar Stock